Metal in Afrika

Kaum etwas bietet eine ähnlich bedeutsame kulturelle Schnittstelle wie Musik. Egal, welchen Bereich unseres Planeten man betrachtet – überall gibt es eine reiche Musikgeschichte und -tradition. In der Zeit der Globalisierung führt Musik Menschen zusammen wie nie zuvor. Auf den ersten Blick erscheinen Metal und Rock da ein wenig hinterher zu sein und könnten vorschnell als ein „Ding für Weiße“ abgestempelt werden. Dass dem nicht so ist, beweisen zahlreiche Acts und Metalszenen abseits des westlichen Tellerrands. Die geringste Präsenz dabei erfährt die afrikanische Metalszene. Das ist schade, da die dortigen Communitys und Acts eine Harmonie und Einstellung an den Tag legen, die viele Gegenstücke in Europa und Amerika alt aussehen lässt. Eben genau darum werfen wir an dieser Stelle mal einen Blick auf die Szene vom Schwarzen Kontinent und setzen uns mit der besonderen Rolle auseinander, welche die entsprechenden Künstler dort innerhalb und außerhalb der Community einnehmen und welche speziellen Eigenarten der „afrikanische Metal“ als eigene Subkultur entwickelt hat.

Musiker als Vorbilder

Es ist eine Medallie mit zwei Seiten, aus Sicht eines Künstlers bietet die Realität in Afrika aber auf jeden Fall mehr inspirierenden Nährboden für politisch und sozialkritisch geprägte Songs als sonst wo. Während Bands wie die Death-Metal-Formation Overthrust aus Botswana, die es übrigens auch schon auf die Bühne bei Wacken geschafft hat, mit ihren lyrischen Ideen eher an den europäischen Stil erinnern, haben Acts wie Wrust und Metal Orizon es sich zur Aufgabe gemacht, künstlerisch Themen wie Korruption, Imperialismus und soziale Ungerechtigkeit zu behandeln – mit großem Zuspruch seitens der Fans. In mehreren Interviews lässt sich dazu ein Verantwortungsbewusstsein der Musiker erkennen, die selbst eine Art Vorbildrolle einnehmen möchten. Da überrascht es weniger, dass afrikanische Metal-Bands einen kulturellen Bruch zu der im westlichen Metal weit verbreiteten Partykultur wagen. Starker Alkoholkonsum gehört für viele hiesige Metal- und Rockbands fast schon zum guten Ton. In Afrika geht man es da lieber langsam an und schwört auf Disziplin anstatt auf Hedonismus. Gerade die diszplinierte Einstellung ist es, die viele Leute beeindruckt und dazu bewegt, sich der Subkultur zu öffnen und den entscheidenden ersten Schritt in deren Richtung zu wagen.

Afrikanische Metalcommunitys setzen auf Zusammenhalt

In Sachen Musikpatriotismus hat Afrika auf jeden Fall den Dreh raus. Lokale Bands können voll und ganz auf die Unterstützung ihrer heimischen Metalheads zählen. Harmonischer Zusammenhalt steht hier ganz groß über allem. Hier kennt jeder jeden und man stellt gemeinsam Sachen auf die Beine. Die häufig stark engagierte Natur der Künstler überträgt sich auf die Fans. Aber auch die, die sich einfach nur mit Gleichgesinnten – in Lederkluft und den für die afrikanische Metalszene typischen Cowboyhut gekleidet – an einen Tisch setzen wollen und über Musik, Politik, Kunst, Philosophie oder sonst was diskutieren möchten, sind hier herzlichst willkommen. Die für hiesige Verhältnisse bekannte Frage „Wo gibt’s noch etwas zu Trinken?“ fällt da wohl genauso selten wie „Wo finde ich Stellenangebote für Pflegekräfte?“ Man fühlt sich an die westliche Hardcore-Szene erinnert, die auch mehr Wert im Musikgenuss und interessanten Gesprächen sieht als im Konsum von Alkohol oder sonstigen Substanzen. Metalheads der alten Schule, die einen Afrika-Trip geplant haben, müssen aber nicht direkt in Panik ausbrechen – komplett Straight Edge ohne Ausnahme ist eher selten.

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